Was ist Clusterkopfschmerz
Im Laufe der Jahre ist das Phänomen der Clusterkopfschmerzen mehrfach neu beschrieben worden. So kommt es, dass es für diese eher seltene Erkrankung sehr viele verschiedene Namen gibt. Heute wird der Clusterkopfschmerz von Medizinern nach ICD-10 mit dem Kürzel G44.0 bezeichnet.
Die ICD-10 von 2011 ist die derzeitig gültige Fassung eines weltweit anerkannten Diagnoseklassifikations- und -verschlüsselungssystems, welches von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben wird.
Früher verwendete Begriffe und Bezeichnungen sind:
Ziliare Neuralgie, Erythromelalgie des Kopfes, Erythroprosopalgie, Hemicrania angioparalytica, Hemicrania periodica neuralgiformis, Histaminkopfschmerz, (Bing-)Horton-Syndrom, Harris-Horton-Syndrom, migränöse Neuralgie nach Harris, Petrosusneuralgie nach Gardner, Sluder-Neuralgie, Neuralgie des Ganglion sphenopalatinum und Vidianusneuralgie.
Der ebenfalls durchaus verwendete Terminus „Selbstmordkopfschmerz“ (engl. Suicide-Headache) wird verständlicherweise gerne vergessen.
Unglaublich viele Namen für eine Krankheit, die unglaublich zahlreiche Facetten besitzt. Es bleibt ein Mysterium, warum für eine relativ seltene Krankheit im Laufe der letzten 150 Jahre so viele Bezeichnungen entstanden sind. Möglicherweise, weil tatsächlich kaum ein Cluster dem anderen gleicht. Es verleiht jedoch der allgemeinen Hilflosigkeit gegenüber dem Phänomen Ausdruck.
Der Clusterkopfschmerz, eigentlich das Cluster-Kopfschmerz-Syndrom (CKS), ist eine chronische und unheilbare Erkrankung. Es wird zu den Trigemino-autonomen Kopfschmerzerkrankungen (TAK) gezählt, zu denen auch die paroxysmale Hemikranie (PH) und das SUNCT-Syndrom (Short-lasting unilateral neuralgiform headache with conjunctival injection and tearing) gehören.
Wikipedia definiert die TAK wie folgt:
„Trigemino-autonome sind eine Gruppe von attackenartigen, einseitigen Kopfschmerzen im Bereich des Trigeminusnervs, die mit autonomen (nicht beeinflussbaren) parasympathischen Symptomen im Kopfbereich, wie z.B. Augentränen oder laufender Nase, einhergehen. Der Begriff trigeminal-autonomic cephalgias wurde erstmals 1997 von Peter J. Goadsby und Richard B. Lipton verwendet.“
Weitere ähnliche Kopfschmerzarten sind die Hemicrania continua, bei der ein andauernder Schmerz vorliegt und bei der die autonomen Merkmale weniger konstant vorhanden sind, und das SUNA-Syndrom (Short-lasting unilateral neuralgiform headache attacks with cranial autonomic symptoms). Diese werden jedoch in der Kopfschmerz-Klassifikation der International Headache Society (IHS) in der Gruppe „Andere primäre Kopfschmerzen“ geführt. Die unterschiedlichen Arten der trigemino-autonomen Kopfschmerzen unterscheiden sich hauptsächlich durch das Zeitmuster der Attacken in Dauer und Frequenz voneinander.
Kennzeichen sind extrem starke (Kopf-)Schmerzattacken. Relativ eindeutige Merkmale des CKS sind das einseitige Auftreten und die charakteristischen Begleiterscheinungen wie gerötete Augen, Tränenfluss, geschwollene Nasenschleimhäute, Pupillenverengung und Schwitzen im Gesicht. Die Schmerzen dauern 15 bis 180 Minuten an. Die Anzahl der Attacken schwankt stark je nach individuellem Krankheitsverlauf. Es kann eine nächtliche Attacke alle zwei Tage sein oder mehrere pro Tag. Mein persönliches Maximum liegt bei fünf Attacken pro Tag. Im Gegensatz zu fast allen anderen Kopfschmerzarten geht eine Cluster-Attacke mit Unruhe daher. Und völlig anders als bei Migräne besteht keine Licht- und Geräuschempfindlichkeit.
Die Intensität der Schmerzen kann durchaus zur Bewusstlosigkeit führen. Während einer schweren Attacke ist der Betroffene möglicherweise nicht ansprechbar und ist z. B. motorisch nicht in der Lage, sich die Schnürsenkel zu binden.
Beim CKS wird zwischen episodischer und chronischer Verlaufsform unterschieden, wobei auch die episodische Verlaufsform eine chronische Krankheit darstellt. Bei der episodischen Verlaufsform treten die Schmerzattacken gehäuft in einem Zeitraum auf und werden zwischenzeitlich von beschwerdefreien Remissionsphasen unterbrochen. Die Schmerzepisode kann von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten dauern. Die Remissionsphasen können sich sogar über Jahre erstrecken. Fehlen diese Remissionsphasen oder sind sie zu kurz, um als wirkliche Erholungsphase dienen zu können, spricht man von der chronischen Verlaufsform.
Ironischerweise ist der Clusterkopfschmerz selbst, trotz der intensiven Schmerzen, ungefährlich. In der Medizin spricht man von einem gutartigen Leiden, da es z. B. im Gegensatz zu Krebs, nicht zum Tode führt. Danke, liebe Mediziner, für diese Bagatellisierung.
Wie stark der Einfluss des CKS auf das persönliche Leben ist, hängt von Anzahl und Häufigkeit der Attacken ab. Erlebt man pro Jahr zwei Monate Episode mit einer nächtlichen Attacke alle zwei Tage und erfreut sich dazwischen einer zehnmonatigen Remission, so wird man wahrscheinlich hin und wieder gefragt, wieso man so unausgeschlafen aussieht. Ist man jedoch an der chronischen Verlaufsform erkrankt und hat im Schnitt jeden Tag drei Attacken oder mehr von hoher Intensität, dann ist an ein normales Leben zumeist nicht mehr zu denken. An dieser Stelle wird Cluster zum stetigen Begleiter, welcher sich in alle Bereiche des Lebens einmischt. Insbesondere bei schweren Verlaufsformen hängt der Grad der Beeinflussung zusätzlich auch stark vom sozialen Umfeld und nicht zuletzt der finanziellen Absicherung ab.
Die Schmerzen sind für mich nicht einfach ein Phänomen, welches auftritt und wieder geht. Meinem Verstand ist zwar klar, dass es sich letztendlich nur um elektrische Signale – Nervenimpulse – handelt, welche in meinem Gehirn Amok laufen. Ich empfinde den Schmerz bzw. die Schmerzen jedoch wie einen lebenslangen Begleiter. Geradezu wie ein lebendes Wesen. Der Cluster ist hierbei ein tobendes Tier, das rücksichtslos zuschlägt – ohne jedes System, ohne jede Vorwarnung. Eine Migräne hingegen ist wie ein eifersüchtiges Wesen. Eines, das die ganze Aufmerksamkeit für sich will, dieses jedoch fairerweise vorher ankündigt.
Weitere Details, insbesondere zu den aktuellen Behandlungsempfehlungen des Clusterkopfschmerzes, können z.B. den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie entnommen werden. Diese finden sich im Internet unter folgender Adresse:
http://www.dgn.org/leitlinien.html